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Astrologie, Kartenlesen und Vedanta

kavi108

In einigen von Yoga beeinflussten Auslegungen des Advaita Vedanta mag es unvorstellbar erscheinen, Astrologie, Kartenlesen und Vedanta Sadhana in einem Atemzug zu nennen. Oft wird eine strikte Trennung zwischen spirituellem und weltlichem Leben gezogen, zwischen dem, was vermeintlich zur Freiheit führt, und dem als bedeutungslos erachteten Geplänkel. Doch letztlich sind dies lediglich Meinungen und Vorurteile einzelner Individuen.

 

Es ist wichtig zu erkennen: Vedanta ist die Wahrheit von allem. In diesem Sinne steht sie in keinem Widerspruch zur Welt. Die Welt ist nicht bloß eine lästige Ablenkung oder ein verführerisches Hindernis auf dem Weg zur Freiheit; sie ist vielmehr eine Manifestation des Göttlichen – Ishvara. Vedanta bedeutet nicht, der Welt zu entsagen oder mit Scheuklappen durchs Leben zu gehen und auf Interessen und Freuden zu verzichten. Vielmehr lädt Vedanta dazu ein, das Leben zu feiern, denn ich kann mich nicht von Ishvara trennen.

 

In meiner Verbindung zur allesdurchdringenden intelligenten Ordnung finde ich Sinnhaftigkeit, Freude, Liebe und Kreativität – all das, was ich für mein Streben nach spiritueller Befreiung (Moksha) benötige. Astrologie und Kartenlesen abzulehnen mit der Begründung, dass diese Praktiken angeblich nicht zur Befreiung führen, verkennt die Tatsache, dass alles in der Welt auf indirekte Weise ein Mittel zur Befreiung sein kann. Jede Karte und jeder astrologische Aspekt ist ein Fraktal, das die gesamte intelligente Ordnung widerspiegelt.

 

Die Sensitivität und Mustererkennung, die durch diese Praktiken geschult werden, können auch im Studium der Upanishaden von großem Nutzen sein. Nicht umsonst gilt Jyotish als Vedanga – als Hilfsdisziplin zum Studium der Veden. Im Folgenden möchte ich näher auf die Rolle von Vedanta Sadhanas eingehen und erläutern, wie Astrologie und Kartenlesen dabei unterstützend wirken können.



Astrologie, Kartenlesen und Vedanta

Astrologie, Kartenlesen und Vedanta: Ein Überblick über die Sadhanas


Im Vedanta wird zwischen primären und sekundären Sadhanas unterschieden. Die primären Sadhanas umfassen das Hören der Vedanta-Lehre (Shravanam), das intellektuelle Klären von Zweifeln und Fragen (Mananam) sowie die tiefe Kontemplation und das vollständige Eintauchen in die Wahrheit (Nididhyasanam). Der Teil der Vedanta-Schriften, der sich mit diesen Praktiken befasst, wird als Brahma Vidya bezeichnet – das große Wissen, dessen Lehren zur Erkenntnis des Brahman führen. Das Verständnis, dass man selbst die Essenz aller Dinge ist, löst alle persönlichen Probleme in Wohlgefallen auf, denn im Licht dieses Seins erscheinen sie so substanzlos wie ein nächtlicher Traum.


Diese drei Sadhanas sind als primäre Sadhanas zu betrachten, da die Worte des Vedanta direkt die fundamentale Ignoranz des Menschen neutralisieren und ihm eine Vision seiner wahren Natur eröffnen. Um jedoch von diesen Praktiken zu profitieren, bedarf es einer qualifizierten Anleitung und eines vorbereiteten Geistes. So wie eine Feuerstelle die unmittelbare Ursache für das Kochen einer Mahlzeit ist, erfordert auch das Kochen umfangreiche Vorbereitungen: Einkaufen, Schneiden, Rezepte heraussuchen und Kochutensilien bereitstellen – all dies kann sehr aufwendig sein. Ähnlich verhält es sich im Vedanta: Die Person muss qualifiziert sein, und ihr Geist sollte scharf und klar sein.


Alle Praktiken, die dazu beitragen, sind im Vedanta willkommen und werden unter dem Begriff Yoga Shastra zusammengefasst. Handlung und unser freier Wille spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Dazu zählen die Arbeit an ethischen Werten, Yogapraktiken sowie die Auseinandersetzung mit dem Unbewussten. Viele Menschen im Westen benötigen in der Regel umfassende Vorbereitung und Klärung unbewusster Probleme und Komplexe, bevor sie über ein rein intellektuelles Verständnis der Vedanta-Lehren hinausgehen können. Alles, was zur Reifung, Klärung und zur Entwicklung eines sattwischen Geistes beiträgt, ist hier von großer Bedeutung.


Astrologie, Kartenlesen und Vedanta: Wege zur Selbstentdeckung in einer zersplitterten Welt


Praktiken wie Astrologie und Kartenlesen können zweifellos wertvolle sekundäre Hilfsmittel für das persönliche Wachstum eines Menschen sein. Wie bereits erwähnt, helfen sie uns, die größere Ordnung Ishvaras zu erkennen, schulen unsere Sensitivität und verfeinern unseren Verstand. Durch die intensive Arbeit mit Symbolen eröffnen sie uns zudem einen Zugang zum Unbewussten. Es mag sein, dass indische Brahmanenjungen diese Hilfsmittel nicht benötigen, doch bedeutet das nicht, dass wir darauf verzichten sollten.

 

In einer Veda Pathashala aufzuwachsen – behütet wie ein junger Gott, umgeben von ständiger Rezitation heiliger Texte und tief verwurzelt im lebendigen Mythos der Veden und der hinduistischen Götterwelt – ist ein Privileg, das vielen Menschen im Westen verwehrt bleibt. Stattdessen leben wir in einer zersplitterten Gesellschaft, deren Unbewusstes durch Jahrhunderte religiöser Unterdrückung, Kreuzzüge und Inquisition geprägt wurde. Wo sollen wir hier nach Wahrheit suchen? In den dualistischen Erzählungen etablierter Religionen, in den Versprechen eines Erlösers oder in der Hoffnung auf eine andere Welt? Sind wir wirklich dazu verdammt, erlöst werden zu müssen? Wollen wir nicht unser Glück im Hier und Jetzt finden, anstatt unser Leben für eine Nachwelt zu opfern, deren Existenz wir niemals mit Sicherheit wissen können?

 

Astrologie, Kartenlesen und Vedanta: Die Notwendigkeit emotionaler Integration auf dem Weg zur Selbstverwirklichung


Diese Fragen sind latent im kollektiven Unbewussten der westlichen Psyche verankert. Hinzu kommen die großen und kleinen Traumata sowie Entwicklungsprobleme und Herausforderungen, die unser Leben begleiten. Wenn man versuchen würde, Vedanta auf eine rein intellektuelle Orientierung zu reduzieren und dabei den gesamten Bereich des emotionalen Wachstums auszuklammern, wären alle Mahavakyas (große Aussprüche zur Erkenntnis der Wahrheit) nichts weiter als leere Worte.


Die vedische Kultur hat zwar eine solare Ausrichtung, die darauf abzielt, problematische Fragestellungen rational im Licht des Bewusstseins zu ergründen. Diese Herangehensweise mag für die indischen Menschen und ihre Psyche ausreichend sein, jedoch trifft sie nicht unbedingt auf den westlichen Menschen zu. Für uns sind alle Praktiken von großer Bedeutung, die dazu beitragen, Licht in unser Unbewusstes zu bringen. Dazu zählen Tiefenpsychologie, Traumarbeit, Symbolarbeit sowie mystisch-magische und schamanische Praktiken. Es gibt keinen Weg, der am Unbewussten vorbeiführt.




 
 
 

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